Bericht der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle:
27 % der in der Produktion europäischer TV-Fiktionen tätigen Personen sind Frauen. Geschlechterparität bis 2046?
Die Europäische Audiovisuelle Informationsstelle (European Audiovisual Observatory), Teil des Europarats in Straßburg, veröffentlichte im März eine neue Ausgabe des Berichts „Female professionals in European TV/SVOD fiction production – 2015-2023 Figures„. Es handelt sich um eine Analyse der Geschlechterungleichheit in den Gewerken Regie, Drehbuch, Produktion, Kamera, Komposition und Montage.
Das Ergebnis der Studie zeigt: Zwischen 2019 und 2023 lag der Anteil weiblicher Fachkräfte in der Produktion von europäischer TV- und SVOD-Fiktion bei 27 %, was im Vergleich zu 2015–2018 einer leichten Steigerung von 4 % entspricht. Die Untersuchung führt die Ungleichheit in der Branche auf drei Faktoren zurück: Frauen sind weniger häufig im Beruf aktiv, erhalten seltener Aufträge und führen ihre Arbeit häufiger mit anderen gemeinsam aus (z.B.: Drehbuchautorinnen schreiben häufiger im Team als ihre männlichen Kollegen).

Der Frauenanteil unterscheidet sich deutlich je nach Berufsgruppe. Produzentinnen sind mit 43 % am stärksten vertreten, gefolgt von Drehbuchautorinnen mit 37 % und Editorinnen mit 31 %. Regisseurinnen machen 27 % der aktiven Regiekräfte aus, während Komponistinnen und Kamerafrauen jeweils nur 10 % stellen.
Weibliche Fachkräfte scheinen stärker vertreten zu sein, wenn mehrere Fachkräfte in einer Rolle zusammenarbeiten, wie es bei Produktions- und Drehbuchteams der Fall ist. Umgekehrt sind Frauen eher unterrepräsentiert, wenn die Rolle in der Regel von einer einzigen Fachkraft besetzt ist (zum Beispiel Regie oder Kamera).
Doch selbst bei Rollen, in denen mehrere Fachkräfte für Drehbuch oder Produktion eines Werks verantwortlich sind, werden die Teams allermeist von männlichen Fachkräften geleitet. Zwischen 2019 und 2023 entfielen beispielsweise zwar 37 % der Drehbücher fьr audiovisuelle Fiktion auf Autorinnen; lediglich 26 % aller Drehbuchteams standen unter weiblicher Leitung, verglichen mit 59 % von Männern geleiteten Teams und 15 % geschlechterparitätischen Teams.
Einige Fortschritte sind bei der Rolle Regie zu erkennen, die einen durchschnittlichen Frauenanteil aufweist (8 % mehr Frauen in 2019-2023, im Vergleich zu 2015-2018). Bei den anderen beruflichen Rollen waren die Fortschritte langsamer: Rollen mit einem ohnehin sehr niedrigen Frauenanteil wie Komposition (+4 %) und Kamera (+3 %) haben sich leicht verbessert. Rollen mit einem überdurchschnittlich hohen Frauenanteil wie Drehbuch und Produktion veränderten sich ebenfalls nur langsam (jeweils +4 %). Der Anteil der Cutterinnen stagnierte vollständig (+0 %).
Trotz leichter Fortschritte ist der Weg zur Geschlechterparität noch weit. Bei der derzeitigen Entwicklung würde sie für Produzentinnen um 2030 erreicht, für Regisseurinnen um 2035 und für Drehbuchautorinnen um 2036. In Bereichen wie Komposition oder Kameraführung wird eine Parität frühestens Mitte bis Ende des 21. Jahrhunderts erwartet, bei Editorinnen wäre sie auf absehbare Zeit nicht zu erreichen. Nimmt man alle Rollen zusammen, wäre Geschlechterparität bei der Produktion europäischer TV- und SVoD-Fiktion 2046 erreicht.
Ein positiver Befund ist jedoch, dass Frauen in Schlüsselpositionen den Frauenanteil in anderen kreativen Rollen deutlich erhöhen. Produktionen unter weiblicher Leitung weisen häufiger weibliche Drehbuchautorinnen, Produzentinnen und andere Teammitglieder auf. Fortschritte in einer Berufsgruppe könnten also zu breiteren strukturellen Veränderungen beitragen.
Quelle: European Audiovisual Observatory, “Female professionals in European TV/SVOD fiction production – 2015-2023 Figures“, Strasbourg, März 2025.
Untersucht wurden Frauenanteile in den Bereichen Regie, Drehbuch, Produktion, Kamera, Komposition und Montage europäischer fiktionaler TV/SVOD-Episoden und TV/SVOD-Filme, die in den 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie im Vereinigten Königreich, Norwegen, Island und der Schweiz produziert wurden und zwischen 2015 und 2023 erstmals im Fernsehen oder in SVOD-Diensten ausgestrahlt oder veröffentlicht wurden (ausgenommen Serien mit mehr als 13 Episoden pro Staffel).